BL 2018 exib text
BL 2018 exhib text
Die Galerie Pugliese Levi freut sich, die Arbeiten der dänischen Künstlerin Birgitte Lund im Rahmen ihrer ersten Einzelausstellung in Deutschland zeigen zu dürfen. Die Leinwände von Birgitte Lund sind Treffpunkte von Dingen. Mit Acrylmalerei, mit Papier, mit Flüssigkautschuk und anderen Flüssigkeiten gestaltete Bereiche – organische Strukturen, die sich einprägen. Strikte Geometrien und organische Tropfen. Sie begegnen einander auf der Leinwand und suchen sich in einer Komposition zu vereinen; eine abstrakte Collage.
Expeditionen in die Dissonanz
(Torben Sangild)
Die Leinwände von Birgitte Lund sind Treffpunkte von Dingen. Mit Acrylmalerei, mit Papier, mit Flüssigkautschuk und anderen Flüssigkeiten gestaltete Bereiche — organische Strukturen, die sich einprägen. Strikte Geometrien und organische Tropfen. Sie begegnen einander auf der Leinwand und suchen sich in einer Komposition zu vereinen; eine abstrakte Collage.
Die Arbeiten sind oft um Bereiche angelegt, welche die Leinwand in horizontale Streifen teilen, etwa in der Serie “Psychedelic Landscapes”. Es gibt unter ihnen unmittelbar schöne Farbkompositionen in der Tradition von Mark Rothko. Aber rigorose Schönheit muss herausgefordert werden von Dingen, die sich nicht einfügen, und so geschieht es auch - sogar um verstörende, hässliche und gemeine Dinge mag es sich handeln. So verhält es sich bei der visuellen Dissonanz. Doch wird den Dissonanzen nicht gestattet, einfach da zu sein und verstörend zu wirken. Sie werden dazu gebracht, miteinander und mit dem Hintergrund in Austausch zu treten, indem neue Schichten und Brücken hinzukommen, so dass das Gleichgewicht wiederhergestellt wird, die Dissonanz aber fortbesteht. Als würden Perlaustern beginnen, den ihnen implementierten Fremdkörper mit Perlmutt zu überziehen, doch dann innehalten, bevor sich eine ebenmäßige Perle ausgebildet hat, um auf diese Weise in einem unaufgelösten Gleichgewicht zu verbleiben.
Die visuellen Dissonanzen werden allerdings nicht immer auf diese Weise geglättet. Auf einem Gemäde aus der Serie “Sub-Landscapes” ist ein verstörendes weißes Papierquadrat in der rechten unteren Ecke platziert. Es überdeckt auf grobe Weise einen blau-grau-schwarzen Farbfleck, der mit dem Zentrum des Gemäldes harmoniert. Aber so ist es. So einfach wird es uns nicht gemacht. Derart schroff sind die Dissonanzen in der Regel nicht. Sie fungieren als Spannungsfelder im Bild, die seiner Schönheit Dauer verleihen. Man kann diese Bilder lange ansehen, ohne mit ihnen abzuschließen.
Und wenn man sie ansieht, beginnt man unwillkürlich Figuren zu sehen. So sind wir, es ist dies keine Schwäche von uns Menschen, unsere Sinne sind dafür da: die Welt um uns zu erkennen. Wenn wir also Formen sehen, die wir nicht direkt verstehen, beginnen wir Dinge zu erscha en. Wir sehen Gesichter, Tiere und Dinge in den Kleksen, Flecken und Wolken. In zweien der “Psychedelic Landscapes” gibt es mit Kautschuk gemalte weiße Figuren, die wie Teile menschlicher Skelette aussehen. Eine andere ‘Landschaft’ mit einem gelben Kasten im Zentrum sieht tatsächlich wie eine Gebirgslandschaft aus. Es gibt auch einen kalligraphisch anmutenden schwarzen Kleks, der wie etwas aus dem Fernen Osten aussieht. Und so nehmen die Gedanken ihren freien Lauf und dürfen das auch, weil es anregend ist, die möglichen Assoziationen einfach offenzuhalten.
Vor allem jedoch funktionieren die Bilder musikalisch, nicht figurativ; mit visuellen Klängen, Harmonien und Dissonanzen; mit Rhythmus und Synkope. Die sinnlichen Formen spielen zusammen in Ensembles, welche Einklang in der Vielfalt und Verbindungen zwischen dem Friedlichen und dem Wilden, zwischen Farben und Grauwerten schaffen. Sie bilden eine tiefe Schoönheit und werden zu offenen Landschaften, die uns zu langen, sinnlichen Expeditionen einladen.